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Oktober 2011

2. Oktober 2011 – Verkehrshistorischer Tag
3. Oktober 2011 – Blaues Krokodil an der Elbe
16. Oktober 2011 – AKN am Nord-Ostsee-Kanal
17. Oktober 2011 – 1994: Mit der Kriegslok in den Ostbeskiden an die Zeitzonengrenze
21. Oktober 2011 – 1991: Als der ICE seinen ersten Betriebstag hatte...
22. Oktober 2011 – Mit dem KT4D durch Berlin





Sonnabend, 22. Oktober 2011 – Mit dem KT4D durch Berlin

481 in Berlin Hbf

Berlin ist für mich seit einigen Jahren kein bevorzugtes Ziel mehr. Seitdem die Bahnanlagen Berlins überwiegend modernisiert und die alten Fahrzeuge ausgemustert sind, reizt mich an Berlin nur noch wenig. Zudem können derzeit die historischen S-Bahnzüge wegen Wartungsmängeln nicht eingesetzt werden, so dass nur selten historisches im Betrieb zu erleben ist.
Ein Hobbykollege organisierte heute mit dem nicht modernisierten KT4D 219 482 eine Sonderfahrt, welche sieben Stunden durch Berlins Straßen nach Alt-Schmöckwitz und Rahnsdorf gehen sollte. Da hieß es wieder früh aufstehen, was bei den kürzer werdenden Tagen nach der Ankunft im Berliner Hauptbahnhof für ein frühes Foto eines 481 im Morgenlicht genutzt werden konnte.

Atw 4508 im Betriebshof Niederschönhausen

Der Aufbruch zum Betriebshof Niederschönhausen passte anschließend minutengenau, in Friedrichstraße und Pankow passten die Anschlüsse für einen Sonntagmorgen perfekt und so ergab sich noch die Gelegenheit, vor der eigentlichen Sonderfahrt ein paar Fotos vom unerwartet rangierenden Arbeitswagen 4508 und der Lore G107 zu machen. Beide Fahrzeuge dienen dem Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin e.V. für Material- und Überführungsfahrten.

historische Straßenbahnen

Vor der Tour ergab sich dank der freundlichen Museumsmitarbeiter noch die Gelegenheit, einen Blick in die Fahrzeughalle zu werfen. Dort sind neben dem in betriebsfähiger Aufarbeitung befindlichen Rekozweirichtungswagen 3012 die Tw 14 (TF26) und ATw A180 abgestellt.

Wagen 698

Fahrbetrieb erfordert auch Werkstattbetrieb. Der eigentlich betriebsbereite Büssing D2 698 steht mit ausgebauter Hinterachse in der Werkstatthalle.

historische Busse

In der Halle sind weitere historische Busse abgestellt – neben dem NAG D2 750 stehen zwei Busse vom VEB Waggonbau Bautzen, der Do54 929 und der Do56 010. Daneben Wagen 490 027 vom Typ Ikarus Tr 260.02 (Baujahr 1989, derzeit nicht zugelassen) sowie der private O405N 1071.

Schleife Björnsonstraße

Die BVG hebt für historische Zwecke die 1998 abgestellten KT4D 219 481 und 482 auf, welche seit 2003 für den Gelegenheitsverkehr zugelassen sind. Betreut werden die historischen Berliner Straßenbahnwagen vom "Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin e.V.". Nachdem der 219 481 mit Fristablauf bereits abgestellt ist, läuft am 30. Oktober auch für den 219 482 die HU-Frist ab. Nach aktuellem Stand ist für beide Fahrzeuge eine neue HU vorgesehen – welche u.a. umfangreiche Blecharbeiten erfordert, nachdem die Fahrzeuge bisher im letzten Betriebszustand belassen worden waren.
Das erste Ziel der Fahrt war die Schleife Björnsonstraße, nach Trennung durch die Teilung bis zur Wiederinbetriebnahme der Straßenbahn in den Wedding im Oktober 1995 die Endstation an der Bornholmer Straße.

Wismarplatz

Durch Friedrichshain ging es entlang der Linie 21 zum Wismarplatz, wo die Haltestelle ganz klassisch im Straßenniveau liegt. Während der gesamten Fahrt war es regelmäßig zu beobachten, wie Passanten das Auftauchen dieses in modernisierter Form noch alltäglich im Einsatz befindlichen Wagentyps registrierten. Es ist eben keine Ganzwerbung, die dieser Zug trägt – sondern Berliner Straßenbahngeschichte, an die sich viele Berliner fast jeden Alters noch gut erinnern können und die plötzlich wieder lebendig vor ihnen steht.

Begegung

Über 200 umfassend modernisierte KT4D sind noch im Einsatz und sollen bis zum Jahr 2017 durch neue Straßenbahnen vom Typ Flexity ersetzt werden. Alt und neu treffen sich am örtlichen Aldi an der Hauptstraße. Der Abschnitt in Richtung Köpenick führt ab der Kosankesiedlung durch Industriegelände, entlang Kleingärten (ostdeutsch: Datschen) und dem Wald- und Erholungsgebiet Wuhlheide.

Heizkraftwerk

Das in Rummelsburg herausragende Motiv ist das 1925 erbaute Heizkraftwerk Klingenberg, heute im Eigentum von Vattenfall.

Schlossplatz Köpenick

Der Schlossplatz ist schön anzuschauen und zentraler Punkt in Köpenick, für Fotos ist das Areal doch sehr beengt. Das Weitwinkel sowie das Gegenteil einer Fotoleiter hilft und die Form des Tatra-Wagens kommt beim stahlenden Sonnenschein gut zur Geltung.

Grünauer Straße

Entlang der Grünauer Straße teilen sich Tram und Auto die Fahrbahn. Ein Fotohalt an der Hst Rosenweg sorgte für eine Rückstauung, nachdem die Straßenbahn der Gegenrichtung hier zeitgleich hielt und der Autoverkehr somit erstmal schachmatt war. Nach der Entknotung des Staus blieb noch ein kurzes Zeitfenster, ehe die wartenden Autos zum überholen ansetzten.

Regattastraße

Hinter Grünau wird die Linie 68 grün (und im Herbst goldgelb). Die Uferbahn nach Alt-Schmöckwitz wird in den kommenden Jahren umfangreich saniert – durch die Lage in einem Wasserschutzgebiet sind diverse Auflagen bei der Sanierung zu beachten, so dass die Uferbahn künftig als Rasengleis ausgeführt sein wird. Hier hat der KT4D die Hst Regattatribühnen als Linie 21 beschildert verlassen, die Linie 21 fuhr hier baubedingt einige Monate.

Sportpromenade

An der Sportpromenade entlang des Langen Sees wieder ein kurzer Fotohalt. Die Uferbahn nach Alt-Schmöckwitz sorgt seit Jahren immer wieder für Schlagzeilen, nachdem die Linie ein stark saisongeprägtes Aufkommen hat und der Gleiskörper sanierungsfällig ist. Weder Senat noch BVG wollten die ca. 18 Millionen EUR teure Sanierung bezahlen, so dass eine Einstellung des Betriebes ab 2012 durchaus wahrscheinlich war.
Rettung kam in Form der Deutschen Bahn, die seit 2009 nicht in der Lage ist die Berliner S-Bahn zuverlässig zu betreiben. Seitdem jagt die Berliner S-Bahn eine Katastrophenmeldung nach der anderen, wobei in letzter Zeit die Dichte der Meldung etwas abgenommen hat – vom Normalbetrieb ist die S-Bahn aber noch Jahre entfernt. Die nicht an die DB ausgezahlten Gelder werden jetzt für die Sanierung der Uferbahn verwendet. So hat das S-Bahn-Chaos auch seine guten Seiten...

Vetschauer Allee

KT4D kamen in der originalen Austattung kaum auf der Uferbahn zum Einsatz – nach der Ausmusterung der Altfahrzeuge fuhren hier lange Jahre die Tatra-Wagen vom Typ T6A2. Erst seit die BVG Ende 2007 ihre T6A2 aus Kostengründen ausmusterte, kommen hier KT4D zum Einsatz.

Adlergestell

Entlang des Adlergestells ein Fotohalt an der Hst Reifenwerk. Noch haben sich einzelne Lampenkörper aus DDR als Straßenbeleuchtung halten können.

provisorische Endstelle

An der vorletzten Haltestelle der Linie 68, der Hst "Zum Seeblick", enden derzeit die Fahrten – am örtlichen Supermarkt wurde ein provisorisches Gleisdreieck eingerichtet. Der 219 482 setzt in das Gleisdreieck zum Wenden, während der Plankurs am provisorischen Bahnsteig zur Fahrt nach Köpenick bereitsteht.

Regattastraße

An der Regattastraße biegt die Linie 68 in den Wald zum S-Bf Grünau ab. Im Hintergrund die Bauten vom Regattagelände Grünau.

Rahnsdorf

Anschließend ging es auf die Strecke nach Rahnsdorf am Rande Berlins. Auch wenn es hier an der Endstelle in Rahnsdorf anders aussieht – eine Doppeltraktion KT4D aus KT4D-mod und Original-Tatra ist technisch nicht möglich.
Nur etwas mehr als einen Kilometer trennen hier Woltersdorfer und Berliner Straßenbahn – war in den Nachwendejahren oft die Rede von einem Lückenschluss und Integration der "kleinen Bahn" in Woltersdorf in das BVG-Netz, so dürfte die Woltersdorfer Straßenbahn heute nicht unglücklich darüber sein, dass sie ohne Integration in das BVG-Netz eine auskömmliche Nische am Rande Berlins gefunden hat und der Traditionsbetrieb der Bahn zu einem touristischen Faktor in der Region geworden ist. Der Rahnsdorfer Ast der BVG dürfte sich spätestens bei erforderlichen Großinvestitionen wieder in einer Stilllegungsdiskussion wiederfinden.

Friedrichshagen Wasserwerk

An der Hst Friedrichshagen Wasserwerk in Sichtweite der Eisenbahnstrecke ein kurzer Fotohalt. Selbstredend, dass die als Fotomotiv im Hintergrund gut passende S-Bahn hier wenige Sekunden nach Abfahrt unseres Sonderzuges vorbeifuhr.

Friedrichshagen, Kirche

Die Christophoruskirche in Friedrichshagen stand prächtig in der Sonne, was man vom KT4D leider nicht ganz sagen konnte. Die Oktobersonne wirft halt doch schon zu lange Schatten. Und die Sonderfahrt, die alle Berliner Postkartenmotive bei passendem Sonnenstand anfährt, muss erst noch erfunden werden...

Turm

Wassertürme müssen nicht immer typische Formen haben. Sieht man den Wasserturm Blockdammweg das erste Mal, denkt man sicher nicht automatisch an Wasserturm. 219 482 an der Hst Köpenicker Chaussee/Blockdammweg.

Siedlung

An der Hst Kosankesiedlung steht der KT4D 219 482 zur Fahrt als Linie 82 zum S-Bf Ostkreuz bereit.

Marktstraße

Kurz vor dem Ostkreuz ein letzter Fotohalt mit 219 482 an der Hst Marktstraße. Nach Plänen des Berliner Senats soll ab 2015 die Straßenbahn von hier aus – unter Aufgabe der Strecke durch die Boxhagener Straße – direkt an den im Umbau befindlichen Bf Ostkreuz angebunden werden und über Sonntagstraße und Wühlischstraße wieder auf das bestehende Straßenbahnnetz treffen.

Historische Fahrzeuge

Wieder am Betriebshof Niederschönhausen angekommen, konnten wir noch die große Abstellhalle des Betriebshofes mit den dortigen Museumsfahrzeugen besuchen. Fahrzeuge aus praktisch allen Generationen Berliner Straßenbahngeschichte sind hier anzutreffen.
Rechts vorne der TM33 3344, welcher von 1978 bis 1991 auf der stillgelegten Hochbahnstrecke zwischen Nollendorfplatz und Bülowstraße verkehrte und die in den beiden Haltestellen eingerichteten Märkte verband.

Großraumwagen

Auch wenn Deutschland nach Gründung der Bundesrepublik und der DDR 1949 zunächst geteilte Wege ging, sorgte nicht nur der Zeitgeschmack für gewisse Ähnlichkeiten im Schienenfahrzeugbau und der übrigen Industrie. Während die Straßenbahn im Westen Berlins Mitte der 1950er Jahre zum Auslaufprodukt erklärt wurde und 1967 gänzlich eingestellt wurde, ist sie im Osten elementarer Bestandteil des Nahverkehrs geblieben.
Die BVG ließ 1952 bei der Deutschen Waggon- und Maschinenfabriken GmbH (DWM) in Reinickendorf zwei Erprobungsträger des in Mode gekommenen Großraumwagens bauen. Den Triebwagen 7000 mit Beiwagen 2000 rüstete AEG aus, den 7001/2001 die Fa. Siemens. Durch den Wechsel in der Verkehrspolitik des West-Berliner Senats blieben sie Einzelstücke. Der Zugverband 7000/2000 wird vom DVN mueal erhalten.
Die BVB im Osten Berlins zog nach und ließ 1958 beim VEB Waggonbau Gotha einen Prototypen des "volkseigenen Großraumwagens" bauen. Ab 1962 folgten die Serienfahrzeuge, welche in Berlin bis 1996 im Einsatz blieben. In Niederschönhausen stehen beide Wagentypen vereint abgestellt.

Ende

Nach einem höchst interessanten Tag setzt der KT4D 219 482 vorerst letztmals in die Halle des Depots Niederschönhausen. Kommende Woche läuft seine Frist ab – bleibt zu wünschen dass die Tatra-Triebwagen alsbald wieder durch Berlins Straßen fahren können.

481 in Papestraße

Nach einer ambulanten Stärkung ging es wieder gen Hamburg. Vor Abfahrt blieben im Bahnhof Südkreuz – ich ertappe mich immer noch dabei Papestraße zu sagen – einige Minuten Zeit, mit aufgedrehten ISO-Zahlen ebenso ambulante Nachtaufnahmen ohne Stativ zu machen. Ein 481-Dreiviertelzug auf dem Weg zum baustellenbedingten Endziel Ostkreuz.

Fotos in Google: Maps Earth © 2011 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben