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4. Juni – Hamburger Klassikermotive
11. Juni – Stahl in Wehmingen und Holz in der Heide
16. Juni – Rote Pekingente in Kiel unterwegs
18. Juni – Oberhafen am Morgen und Kieler Woche
23. Juni – Retro unter der Kieler Woche
26. Juni – Den 628 unter die Haube geschaut





Sonnabend, 4. Juni 2022 – Hamburger Klassikermotive

01 519

Ein Motiv, welches schon lange auf der Wunschliste stand, sollte heute in die Tat umgesetzt werden. Aus den 1950er und frühen 60er Jahren sind viele Fotos von der Fußgängerbrücke zwischen Tiergartenstraße und Edmund-Siemers-Allee bekannt. Die Brücke ist in der zweiten Hälfte der 70er Jahre abgerissen worden, aber Fotos nach dem Start der Fernbahnelektrifizierung in Hamburg zu Beginn der 60er Jahre gibt es kaum.
Seit 2017 war die Tiergartenstraße im Zusammenhang mit der Sanierung des Congress Center Hamburg (CCH) gesperrt, erst seit wenigen Monaten ist die Tiergartenstraße wieder durchgängig begehbar und die bis 2017 hier angelegten Parkplätze sind Geschichte – an deren Stelle ist ein neuer Fußweg angelegt worden.
Nun ist um 13 Uhr das Licht am Dammtor für vom Hauptbahnhof kommende Züge alles andere als optimal, doch welche Wahl hat man im Jahr 2022? Dampfzüge im Norden sind eine Seltenheit und wenn sich mal eine Dampflok nach Hamburg verirrt, kommt sie in aller Regel früher am Tag in Hamburg an. So war die von Westfalendampf organisierte Fahrt von 01 519 aus Münster der ideale Anlass, dieses Motiv endlich umzusetzen.
Mit Hamburg eng verbunden ist die Reihe 01.5 der Deutschen Reichsbahn, welche bis zum 2. Juni 1973 mit den Transit- bzw. Interzonenzügen aus Richtung Wittenberge nach Hamburg kam, ehe ab dem 3. Juni in Büchen umgespannt wurde und die Bundesbahndirektion Hamburg endgültig dampffrei wurde. 01 519 hat am Hauptbahnhof die Reisenden abgesetzt und fährt mit dem Zugpersonal an den Fenstern des ersten Wagens nach Eidelstedt. Ein Dampferlebnis pur, ohne jede Schubunterstützung. Ziemlich genau 49 Jahre ist es her, dass hier letztmals eine 01.5 mit einem Schnellzug entlanggefahren ist.

Nordbahn

Der Alltag sieht dann schon etwas anders aus, im Regionalverkehr kommen Triebzüge oder Doppelstockwendezüge zum Einsatz, im Fernverkehr hat der ICE das Regiment inne, hier im Hintergrund einer der längst alltäglichen ICE4. Der Regionalverkehr ist schnelllebig geworden. Die Regionalstrecken werden meist alle 10-15 Jahre über Ausschreibungen neu vergeben, je nach Bundesland werden nach dieser Frist ggf. erneut Neufahrzeuge gefordert. So ist es auch in Schleswig-Holstein im Netz Mitte, welches zum Dezember 2027 nach 13 Jahren Laufzeit des aktuellen Verkehrsvertrages neu vergeben wird.
Das Land beschafft über einen noch zu suchenden Fahrzeugvorhalter – welcher die Züge auch finanzieren soll – 40 neue Doppelstocktriebzüge (mit einer Option über 55 weitere für andere Netze). Was Nordbahn bzw. DB Regio mit den dann 10 bis 13 Jahre alten Bestandszügen des Typs FLIRT3 bzw. TWINDEXX Vario machen, ist ihnen überlassen. Der Aufgabenträger „NAH.SH“ schreibt dazu in einer Pressemeldung vom März 2022 schmallippig „Diese (Verkehrsverträge, Anm. des Verfassers) sehen nicht vor, die bisherigen Fahrzeuge weiter zu nutzen.“ ET 6.01 verlässt
mit 9 EUR-Ticket-Reisenden gut gefüllt als RB75528 nach Itzehoe den Hp Dammtor.

01 519

Von der Fußgängerbrücke war das Bahnhofsgebäude am Dammtor durch den Baumbewuchs nie zu sehen, dafür das von Edmund Siemers gestiftete Hauptgebäude der Universität, welches heute im Sommer hinter den belaubten Bäumen verschwunden ist. Zwei Stunden nach der ersten Durchfahrt passiert die 01 519 auf Drehfahrt nochmals den Hp Dammtor. DB Fernverkehr stimmte der Drehung der Lok auf der Drehscheibe des Bw Eidelstedt nicht zu, so dass nach der Restaurierung der Lok in Eidelstedt nochmals über Hamburg Hbf und Altona gefahren werden musste, damit die Rückfahrt nach Münster kesselvoran gefahren werden konnte.
01 519 blieb nach ihrer Ausmusterung im Jahr 1982 erhalten, war 1990 aber nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie wurde zusammen mit 01 510, 01 513 und 01 517 an den VEB Brauerei Greifswald abgegeben und als stationäre Heizanlage für die Brauerei, das Krankenhaus und weitere, umliegende Betriebe genutzt. Dieser Einsatz endete im Oktober 1988 mit Inbetriebnahme einer neuen Heizanlage. Buchstäblich in letzter Sekunde konnte 01 519 als letzte der vier Loks vor dem Schneidbrenner gerettet werden. Beim Schlepptender hatte man bereits mit der Verschrottung begonnen.
Der Grund für die Rettung der 01 519 war ein Kompensationsgeschäft zwischen dem Liechtensteiner Unternehmen Jelka und der DR. Hinter dem Unternehmen stand der Schweizer Weinhändler Willy Würth, welcher in den 80er Jahren gewinnträchtige Geschäfte mit gebrauchten Fahrzeugen der Deutschen Bundesbahn machte und von der DR für den Einsatz des in Italien mehr schlecht als recht aufgearbeiteten VT11.5 – welcher 60 Tage als IC
Max Liebermann zwischen Hamburg und Berlin verkehrte – die 01 519 in betriebsfähigem Zustand bekommen sollte.
Die Lok wurde im September 1990
in einem desolaten Zustand dem Raw Meiningen zugeführt und dort betriebsfähig aufgearbeitet. Die Arbeiten kamen teilweise einem Neubau gleich. Der Tenderaufbau, das Führerhaus, einige Lager, sowie die Kessel- und Zylinderverkleidungen mussten neu hergestellt werden. Am 30. Dezember 1990 machte die Lok nach über neun Jahren ihre ersten Fahrten im Raw-Gelände, Ende Januar 1991 verließ sie das Raw Meiningen in Richtung Saalfeld. Dort wurde sie nach einigen Fahrten untergestellt und im Laufe des Jahres 1991 nach Haltingen überführt, eine Überführung in die Schweiz kam nach Rechtstreitigkeiten nicht mehr zustande – nach drei Jahren Abstellung übernahmen die Eisenbahnfreunde Zollernbahn e.V. (EFZ) die Lok leihweise und im Frühjahr 1996 komplett.

BR 412

Die hochbelastete Verbindungsbahn – deren S-Bahngleise nach aktuellen Plänen des Bundesverkehrsministeriums nach Bau einer neuen unterirdischen S-Bahnstrecke durch Hamburgs Innenstadt dem Regionalverkehr zugeschlagen werden sollen – ist für Gleiswechselbetrieb eingerichtet, welcher bedarfsweise gerne genutzt wird und hier und da für spontane Fotomotive sorgt. Der Tz 9024 mit 5812 027 an der Zugspitze durchfährt als Leerreisezug den Hp Dammtor im Gleiswechselbetrieb gen Eidelstedt.

BR 490

Auf so manchem historischen Foto von der Brücke an der Tiergartenstraße ist ein Wechselstromzug der S-Bahn neben einem Dampfzug der Fernbahn zu sehen. Die aktuellen S-Bahnfahrzeuge können zum Teil auch unter Wechselstrom (allerdings höherer Spannung... 😉) fahren, der führende 490 050 auf der heute mit Langzügen fahrenden S31 gehört nicht dazu.

ICE2

In die Jahre gekommen ist der ICE2. Die ab 1994 in Dienst gestellten Halbzüge wurden vor rund zehn Jahren einem Redesign unterzogen, so dass allmählich eine grundsätzliche Entscheidung über deren Zukunft ansteht. Sofern ein erneutes Redesign wirtschaftlich machbar ist, sollen die Züge ähnlich dem aktuellen ICE1-Redesign (Lebensdauerverlängerung, LDV) zu neuen Vollzügen mit neun Mittelwagen zusammengestellt werden.
Für die Steuerwagen der BR 808 ist in diesen Szenarios kein weiterer Einsatz mehr vorgesehen – sie gehen allerdings auch auf die 30 Jahre Einsatz zu. 808 018 „Braunschweig“ verlässt als ICE588 aus München mit „nur“ 15 Minuten Verspätung den Hp Dammtor.


BR 193

Aus Praha hl.n. kommend durchfährt der EC174 mit 193 293 an der Spitze pünktlich den Hp Dammtor. Die klassischen EuroCity-Züge der České dráhy (ČD) stehen wie die lokbespannten IC1-Züge der DB vor dem Einsatzende. Die ČD hat bei Siemens und Škoda Transportation 20 neunteilige Garnituren der Viaggio-Fernverkehrswagen bestellt, welche über Steuerwagen mit einem an den Siemens-Vectron angelehnten Führerstand verfügen und ab 2024 ausgeliefert werden sollen. 

BR 147

Bombardier hat mit seiner TWINDEXX-Plattform wenig Glück gehabt. Sowohl die Vario-Triebzüge, die IC2 als auch die beiden an die LNVG ausgelieferten neuen Wendezüge stehen bisher unter keinem guten Stern. Die Schienenfahrzeugsparte von Bombardier wurde 2021 von Alstom übernommen, im April 2022 verklagte Alstom Bombardier bei der Internationalen Handelskammer in Paris wegen angeblicher Verstöße gegen den Kaufvertrag.
Beim Metronom sorgt der Betrieb der neuen Züge
in der Presse regelmäßig für Schlagzeilen, die Mitfahrt von Technikern konnte daran bisher wenig ändern. Nach der lange fehlenden Wäsche sieht auch der von der TRAXX P160 AC3 147 544 bespannte Park des RE82133 nach Uelzen an den Norderelbbrücken wieder ansehnlich aus.

BR 388

Als weitere TRAXX-Variante wurde von Bombardier die TRAXX F140 MS3 auf die Schienen gestellt, welche in bis zu 14 Ländern zugelassen und eingesetzt werden soll. Die Zulassung für die Länder Deutschland, Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn wurde durch die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) am 13. Dezember 2021 erteilt. In einer ersten Serie hatte ČD Cargo 2018 zehn Loks der BR 388 bestellt, zehn Loks der Option über weitere 40 F140 MS3 wurden bisher nachgeordert und werden seit Januar 2022 ausgeliefert. Hier passiert 388 007 mit einem Kesselwagenzug die Norderelbbrücken.

01 519

Gegen 20 Uhr passierte die „profane“ 01 519 mit ihrem Sonderzug nach Münster die Norderelbbrücken. Die Schatten waren lang geworden und so wurde der Aufnahmeort etwas verlagert.
Das Szenario hier wird sich in den kommenden Jahren deutlich wandeln. Auf der nördlichen Elbseite befindet sich der 245 Meter hohe Elbtower im Bau, die U-Bahnlinie U4 soll in absehbarer Zeit zum Grasbrook verlängert werden, in einigen Jahren stehen die Fernbahnbrücken über die Norderelbe zum Neubau an, wie auch die Freihafenelbbrücke saniert bzw. teilweise neugebaut werden muss. Zugleich wird geprüft, in der Lücke zwischen Freihafenelbbrücke und der Fernbahn eine neue, zweigleisige Trasse unterzubringen, welche auf einer neuen Führung durch Teile der City Süd auf der ursprünglichen Trasse der Berlin-Hamburger Eisenbahn-Gesellschaft in den Hauptbahnhof eingefädelt werden soll.


Fotos in Google Earth © 2022 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben