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Mai 2010

9. Mai 2010 – Mit dem Youngtimer nach Weinböhla
22. Mai 2010 – Pfingsten ins Erzgebirge I
23. Mai 2010 – Pfingsten ins Erzgebirge II
24. Mai 2010 – Heimreise
29. Mai 2010 – TATRA-Abschied in Dresden






Sonnabend, 22. Mai 2010 – Pfingsten ins Erzgebirge I

99 1735 in Jöhstadt

Beim Schreiben dieses Eintrags des Fototagebuches zeigt der Kalender schon Mitte Juni – falls sich ein Leser gefragt haben sollte, ob ich noch lebe, er sei unbesorgt. Gleich nach der Pfingsttour gab das alte PC-System beim Verarbeiten der Bilddateien den Löffel ab und so stand ein neuer PC ins Haus. Bis sowas mit allen Facetten eingerichtet ist, ist viel Wasser die Preßnitz heruntergeflossen.
Dieses Jahr brachen Ilka und ich über Pfingsten nach Jöhstadt auf, vier Tage Erzgebirge. 2001 waren wir unter der Woche dort vorbeigekommen, seitdem hatte sich kein Besuch ergeben. Nach Anreise am Freitag ging es am Sonnabend zur Bahn. Obgleich der Bahnhof Jöhstadt der höchste Punkt der Preßnitztalbahn ist, ist der Bahnhof der tiefste Ortsteil Jöhstadts. Die Neigung des Fußwegs unterschätzten wir etwas – nun ja, die Freude auf den späteren Heimweg verdrängten wir erstmal. Gastlok war dieses Jahr die VIIK 99 1735 der SOEG aus Zittau, welche hier für die nächste Zugleistung nach Steinbach bereitsteht.
99 1735 und 199 1590 in Jöhstadt

Die Preßnitztalbahn war die letzte in der DDR stillgelegte Schmalspurbahn und wurde zwischen 1984 und 1989 abgebaut – sie galt als eine der schönsten sächsischen Schmalspurbahnen. Gleich nach der Wende 1989 setzten Bemühungen zum Wiederaufbau ein – nach einer Sanierung des alten Lokschuppens in Jöhstadt ab 1990 begann 1992 der schrittweise Wiederaufbau der Strecke bis Steinbach. Seitdem unterhalten die Museumsbahner rund acht Kilometer landschaftlich äußerst reizvoller Museumbahn.
In Jöhstadt endet die Museumsstrecke noch provisorisch im Bereich des Lokbahnhofs. Ein Weiterbau bis zum alten Bahnhofsgelände ist vorgesehen – konnte bisher aber noch nicht realisiert werden, da mitten auf dem Bahnhofsgelände ein Mietshaus errichtet wurde, welches vor dem Endausbau abgerissen werden muss. Die eine oder andere Wohnung im Haus steht bereits leer, aber bis zum Ziel der Museumsbahner ist es sicher noch ein längerer Weg. So fährt hier die vereinseigene 99 1590 – eine der klassischen Wolkensteiner Loks – mit ihrem Zug aus Steinbach in den provisorischen Endpunkt Jöhstadt ein. 99 1735 steht für die Rückleistung bereit, ein einfaches Umlaufen ist in Jöhstadt derzeit nicht möglich.
99 1735 in Steinbach

Steinbach ist das andere Ende der Museumsbahn – deren Strecke einst nach Wolkenstein weiterführte, wo Anschluss an die aus Komotau (heute Chomutov) in Richtung Chemnitz führende Regelspurstrecke bestand. Der Wiederaufbau dieses Streckenteils ist nicht vorgesehen, die Museumsbahner konzentrieren sich auf die Instandhaltung des bestehenden Streckenabschnittes.
Auf dem Bahnhofsareal Steinbach wurde nach Abbau der Schmalspurbahn ein Kindergarten errichtet, welcher Ende der 1990er Jahre zugunsten des Wiederaufbaues der Strecke als Museumsbahn abgerissen wurde. Das Wasserhaus ist eines der markantesten Punkte der liebevoll bis ins Detail gestalteten Museumsbahn. Für das Wassernehmen am Kran ist die Leihlok 99 1735 etwas zu groß. VIIK waren in Jöhstadt nie zuhause. Dennoch ist der stilechte Einsatz einer Einheitslok vor Personenwagen aus ihrer Einsatzepoche auf dieser bemerkenswerten Museumsbahn ein Highlight.
99 1735 in Steinbach

Vor einem bunt gemischten Personenzug steht die 99 1735 im Bf Steinbach zur Abfahrt nach Jöhstadt bereit. Alle Wagen sind bis ins kleinste Detail historisch korrekt restauriert. Die Detailtreue geht sogar so weit, dass an den Wagen das letzte für ihren Einsatzzustand gültige Revisionsdatum angeschrieben ist und lediglich an den Plattformen das nach EBO vorgeschriebene, gültige Revisionsdatum angeschrieben ist.
Neuester Zugang ist in Jöhstadt der von der SDG übernommene "Rekowagen" 970-576. Dort nicht mehr benötigt, wird der Wagen künftig auf der Preßnitztalbahn die Ära der modernisierten Schmalpurwagen der DR repräsentieren. Seit den 1980er Jahren auf praktisch allen Schmalspurbahnen der DR
– auch in Wolkenstein – zuhause, nimmt die Zahl der original erhaltenen Wagen rapide ab. 20 Jahre nach der Wende werden die Wagen in meist behutsam modernisiertem Zustand eingesetzt. Der typische Zustand der Wagen ist heute anno 2010 längst museal erhaltenswert.
99 1735 im Bf Schmalzgrube

Schmalzgrube ist betrieblicher Mittelpunkt der Preßnitztalbahn und weitgehenst originalgetreu wieder aufgebaut worden. 99 1735 ist mit ihrem Zug aus Steinbach in Schmalzgrube angekommen. Der Zug hat einige Minuten Verspätung, da – ganz klischeehaft, aber real und nicht museal nachgestellt – die Frau eines Hotelgastes Probleme mit der Pünktlichkeit hatte, ihr Mann derweile auf Kohlen saß und der beste Wille des Zugführers das weitere Warten am Hp Forellenhof nicht mehr zuließ.
Im Bf Schmalzgrube finden die planmäßigen Kreuzungen der durchgehenden Züge statt. Die aus Steinbach kommenden Züge gestatten nach Einfahrt in den Bahnhof Schmalzgrube dem Gegenzug aus Jöhstadt per Dampfpfeifensignal die Einfahrt in den Bahnhof Schmalzgrube. Ein übrigens auch heute noch im Regelverkehr angewendetes System.
Die Verspätung des Zuges in Schmalzgrube soll nun wieder aufgeholt werden, der Fahrdienstleiter des Bf Schmalzgrube weist dem Lokpersonal das Kürzen der Fahrzeit mittels der K-Scheibe (Signal Zp10) an. Neben dem Fahrdienstleiter liegen die Koffer Reisender zur Verladung in den Gepäckwagen des folgenden Zuges bereit.
IK 54 in Schmalzgrube einfahrend

Auf der Preßnitztalbahn beheimatet ist der 2009 fertiggestellte Nachbau einer Lok der sächsischen Baurt IK, der ersten sächsischen Schmalspurbahnbauart. Die letzte Lok ihrer Bauart diente noch in den 1960er Jahren als Werklok in einem Industriebetrieb. Die IK erhielt aufgrund des Nachbaus und den heute üblichen Fertigungstechniken die bis dato nicht vergebene Loknummer 54 im Anschluss an die letztgebaute Lok 53.
Hier rollt die Lok mit ihrem Zug in den Bf Schmalzgrube ein, wo die Lok umlaufen wird. Für die damaligen Loks typisch ist das Nicht-Umsetzen der Spitzenbeleuchtung, welches lt. Signalbuch ein Nachtsignal ist. Tagsüber verbleibt das Licht auf der Rauchkammerseite und wird nur bei Unsichtigkeit bzw. nachts entsprechend der Fahrtrichtung gesteckt.
IK 54 in Schmalzgrube ausfahrend

Aus dem Bf Schmalzgrube fährt die IK 54 gen Jöhstadt aus. Im Vergleich zu heutigen Schienenfahrzeugen bemerkenswert ist das Fehlen des dritten Spitzenlichtes. Dieses Signal hat sich erst in jüngerer Eisenbahngeschichte durchgesetzt – zunächst auf Hauptbahnen, zuletzt auch für Nebenbahnen. Die zuletzt noch bei der Berliner S-Bahn als drittes Spitzenlicht zugelassene Beleuchtung des Zielschilderkastens ist ebenfalls längst Vergangenheit. Heute fahren zur besseren Erkennung die meisten Eisenbahnfahrzeuge auch tagsüber mit Spitzenlicht – an der Bedeutung als Nachtzeichen hat sich aber nichts geändert. So kann die IK 54 auch im Jahre 2010 tagsüber mit zwei Laternen verkehren. Ein drittes Spitzenlicht wird bei Dunkelheit am Fahrzeug angebracht.
99 4511 im Wald

Seit ihrem Zugang in Jöhstadt meist diskutierte Lok ist die 99 4511. Einst als Lok 3 für die Kreisbahn Rathenow-Senzke-Nauen in Brandenburg gebaut, verbrachte die Lok die meisten Lebensjahre im Norden Deutschlands – zuletzt als rekonstruierte (sprich: neu gebaute) Lok auf Rügen bzw. in der Prignitz. In der Eisenbahngeschichte der DDR bzw. der DR nimmt die Lok eine Sonderrolle ein, war sie doch die letzte für die DR neu gebaute Dampflok. Die Lok wurde 1977 in den Westen verkauft – stand jedoch meist unter Dach und war in entsprechend gutem Zustand, als die Preßnitztalbahn die Lok 1998 kaufte. Seit 2002 steht die Lok als "Allzweckwaffe" dem Betriebsdienst zur Verfügung und war bereits mehrfach auf anderen Strecken – auch in der Prignitz – im Einsatz. Wenige Tage vor ihrem Fristablauf bespannte die Lok im Wechsel mit der IK 54 die Züge Jöhstadt – Schmalzgrube. Hier zwischen Schmalzgrube und Loreleifelsen Hp.
99 1568

Wildromantisch verläuft das Jöhstädter Schwarzwasser entlang der Schmalspurbahn. Nahe Loreleifelsen Hp fährt 99 1568 gen Jöhstadt. Die 99 1568 war bei der DR zuletzt in Mügeln beheimatet und dort bei meinen ersten Besuchen 1990/91 rege im Einsatz. Damals war wie bei eigentlich allen Schmalspurbahnen in der DDR unklar, wie es weitergehen täte. Dass die Bahnen im Tourismussektor ihre heutige Bedeutung bekommen würden, war für den Museumsbahnen gewohnten "Westbürger" in dieser Form längst nicht absehbar. Die Döllnitzbahn Oschatz – Mügeln (– Kemmlitz) mit dem für den Museumsverkehr wieder aufgebauten Streckenstück nach Glossen wird heute nicht mehr im Güterverkehr betrieben, hat im Eigentum der DBG ihr Auskommen im (dieselbetriebenen) Schüler- und (dampfbetriebenen) Touristikverkehr bis heute wahren können.
IK 54 in SChlössel einfahrend

Die IK 54 fährt in den Bf Schlössel ein. Der Tourismus sichert der Region Einnahmen – die einst typische Industrie ist jedoch seit der Wende auf dem Rückzug und hat Leerstände mit dem folgenden Verfall hinterlassen. Im Preßnitztal ist dieser Wandel an diversen Orten sichtbar und hat im Einfahrbereich Schlössel jüngst zum Abriss der dortigen Industrieanlagen geführt. Relikt noch der Schornstein, welcher in einigen Jahren wohl auch Vergangenheit sein wird.
IVK in Jöhstadt

Wir verspürten zwar den Wunsch nach einer Stärkung – der Blick in die geöffnete Fahrzeughalle zeigte auch entsprechende Stände – für den Eintritt in die Halle mit der Modellbahnbörse wurde jedoch Eintritt verlangt. Eintritt, um einen Imbiss kaufen zu können, wollten wir dann doch nicht zahlen und sind weiter gewandert.
99 1590 fährt mit ihrem Zug zwischen der Wagenhalle und Jöhstadt. Der örtliche Supermarkt ist geschlossen, selbst Großmärkte haben heute kein gesichertes Auskommen mehr. Ich erklomm anschließend die reichlich noch fehlenden Höhenmeter der Steigung zum Markt und holte unser Auto und ein paar Kleinigkeiten zur Stärkung, so dass die restlichen Aktivitäten des Tages recht entspannt vonstatten gingen.
99 1715 in Schlössel

Die VIK 99 1715 stand viele Jare in Radebeul Ost als Denkmallok, ehe sie an eine Eigentümergesellschaft verkauft und anschließend wieder betriebsfähig hergerichtet wurde. Nach dem Hochwasser an der Weißeritz und der Zerstörung der Weißeritztalbahn kommt die Lok bei Preßnitztalbahn zum Einsatz. Hier fährt die 99 1715 in den Bf Schlössel ein. Das Schild am Tender der Lok weist darauf hin, dass keine zwei Loks der Bauart VIK Tender an Tender gekuppelt werden dürfen.
99 1735 und IK 54

In Schlössel kreuzen sich der Zug aus Steinbach und der Zug nach Schmalzgrube. Der Zug nach Schmalzgrube ist bereits in den Bahnhof eingefahren, nach Stellen des Fahrweges für den Gegenzug hat die IK 54 per Dampfpfeife dem an der Trapeztafel wartenden Zug mit 99 1735 die Einfahrt gestattet.
Die Signalisierung auf der Preßnitztalbahn ist nach historischen Vorbildern gestaltet, dazu gehört auch das Signal So10 "Brandfackeltafel". Nach der Wende war es auf den Strecken der DR noch weit verbreitet, ist aber längst fast vollständig von den Strecken verschwunden. Es hat die Bedeutung "Nicht feuern! – Aschkasten schließen!" und wurde nach Festlegung der jeweiligen Reichsbahndirektion zum Schutze besonders gefährdeter Streckenabschnitte (z. B. an Behelfsbrücken und Waldstrecken) und der an der Strecke liegenden Betriebe der Holzindustrie oder Treibstofflager
aufgestellt.
99 1735 in Schlössel ausfahrend

Während der Zug nach Schmalzgrube noch im Bf Schlössel steht, fährt die 99 1735 aus. Neben den Fotografen ist die Ausfahrt auch für die anwesenden "normalen" Touristen ein Spektakel. Das Zugpersonal des Zuges nach Schmalzgrube wird nach Ausfahrt des Zuges die Weichen wieder in Grundstellung bringen und die Fahrt nach Schmalzgrube fortsetzen, wo der Zug an der Trapeztafel halten und dort vom Gegenzug eingelassen wird.
Fotos in Google: Maps Earth © 2010 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben