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21. Februar – Probeverkehr auf der Schiene nach Uetersen
26. Februar – Der Plan war gut...









Freitag, 21. Februar 2020 – Probeverkehr auf der Schiene nach Uetersen

T4

Der Verkehr auf der Schiene erlebt aktuell zumindest im Verständnis eines nachhaltigen und klimafreundlichen Verkehrsmittels eine Renaissance. Die Politik steuert dabei um zur Bevorzugung der öffentlichen Verkehrsmittel, die Wirkung dieser Steuerung wird in wenigen Jahren in der Verteuerung der individuellen Mobilität einsetzen – die gewonnenen Mittel sollen in den Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfratruktur fließen.
Aktuell wird für den Ballungsraum Hamburg ein Bündel an umfassenden Ausbauvorhaben geschnürt, neben den konsequenten Ausbauten bestehender Verkehrswege müssen auch neue Achsen geschaffen werden – in den Verkehrsspitzen ist das bestehende System an der Belastungsgrenze und verträgt keine deutlichen Mehrverkehre mehr.
Vielerorts führen noch bestehende Schienen entlang belasteter Straßen, ohne dass diese wirklich genutzt werden. War einst der Umstieg zur Straße einfach, bequem und modern, können heute diese öffentlichen Infrastrukturen Entlastung der längst verstopften Straßen bewirken.
Die Uetersener Eisenbahn hatte ihren Ursprung als Folge des Baus der Altona-Kieler Eisenbahn in den 1840er Jahren. Damals hatten sich Fuhrleute aus Uetersen gegen eine Anbindung ihres Ortes ausgesprochen, woraufhin die Trasse durch das nordöstlich gelegene, aber kleinere Tornesch geführt und dort ein Bahnhof errichtet wurde. Nachdem Tornesch von der Eisenbahn sehr profitierte, gründete die Stadt Uetersen zusammen mit örtlichen Wirtschaftsunternehmen 1873 die Uetersener Eisenbahn AG.
Zum Sommerfahrplan 1965 wurde der Personenverkehr auf die Straße verlagert – Güterverkehr wird bis heute auf der Strecke abgewickelt, aktuell fährt einmal in der Woche ein Güterzug auf der Strecke.
Im Zuge der immer wieder diskutierten Reaktivierungsbemühungen des SPNV bietet die heute für die Strecke verantwortliche Norddeutsche Eisenbahngesellschaft Niebüll GmbH (neg) vom 20. bis zum 26. Februar 2020 einen eigenwirtschaftlichen Probepersonenverkehr auf der Schiene an, die Fahrten sind kostenlos.
Zum Einsatz kommt der T4 der neg, welcher die vergangenen Monate eine gründliche Hauptuntersuchung erhielt und zuletzt gelegentlich als Schlepptriebwagen auch im Güterverkehr aushalf. Hier steht der T4 im Bf Tornesch auf dem Bahnhofsvorplatz zur Fahrt nach Uetersen bereit. Die Zustiege sind entsprechend dem nur sechs Tage vorgesehenen Verkehr natürlich provisorisch, das Bahnpersonal hilft bei Bedarf beim Ein- und Ausstieg.

T4

(Nicht nur) In Ballungsräumen ist das Leben nicht immer wie aus dem Bilderbuch – gerade in diesen Räumen spiegelt sich die Gesellschaft ungeschminkt wieder. In Tornesch ist das nicht anders. Manche Zeitgenossen einer Subkultur verfolgen die Szene nicht minder aufmerksam, wiederholt nutzen sie diese öffentlichkeitswirksamen Termine für eigene, in der Beseitigung teure Zwecke.

T4

Die Ausfahrt in Tornesch führt mitten über den Bahnhofsvorplatz, die Durchfahrt ist entsprechend dem möglichen Lichtraumprofil abgetrennt, wird aber von den Passanten gerne als Abkürzung genutzt.

T4

Das Zentrum von Tornesch war am Freitagmittag dicht befahren, an der zentralen Kreuzung Edinger-/ Jürgen-Siemsen-Straße staute sich bei Ausfahrt des vollbesetzten T4 auch ohne Zug der Verkehr stark.

T4

Noch eine Stunde später ist die Belastung der Uetersen und Tornesch verbindenden Straße augenscheinlich sichtbar. Ein regelmäßiger Verkehr (denkbar wäre neben einer Anbindung an die S3 auch der Betrieb mit den künftig in Schleswig-Holstein verkehrenden AKKU-FLIRT) würde sicher nicht zur völligen Entlastung führen, aber meist sind die Züge bei realisierten Projekten deutlich voller als je prognostiziert und entsprechend proportional weniger Autos verstopfen die Straße.

T4

Der Bahnübergang von der Jürgen-Siemsen-Straße zur Uetersener Straße ist seit Jahrzehnten stillgelegt. Wie Eisenbahntechnik aber so ist, der Weiterbetrieb der Signaltechnik ist manchmal billiger als deren Rückbau (oder gar zulassungstechnisch erforderlich) und so ist der Bahnübergang noch heute signaltechnisch in Betrieb, die abgeklebten Lichter des Bü leuchten wacker – samt zugehöriger Instandhaltung.

T4

Am Tornescher Weg ist im Zuges des Probebetriebes der Halt Bierbahnhof angelegt worden. Rutschfeste Gummimatten bilden den Bahnsteigbelag und die gezimmerten Tritte ermöglichen den Einstieg in den T4, welcher dabei mit nur wenigen Zentimetern Toleranz passend halten muss. Der Tf bremst dabei aus dem Seitenfenster blickend. Die kommenden Tage ist die Wettervorhersage unterirdisch, so dass der frühe Feierabend am Freitag genutzt sein wollte.

T4

Die Bevölkerung nutzte die Fahrten auch zu „echten“ Fahrten. Der für die Fahrten aufgestellte Fahrradständer fand Nutzung und auch Fernreisende nutzten den Probezug, um auch die letzten Kilometer auf der Schiene zurückzulegen.

Fotos in Google Earth © 2020 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben