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April 2014

2. Mai 2014 – Abschied
11. Mai 2014 – Danke!
16. Mai 2014 – Blauer Klaus auf Probefahrt
20. Mai 2014 – Nochmal im Schienenbusreservat







Sonntag, 11. Mai 2014 – Danke!

Kühlungsborn Mitte

Der letzte Besuch beim Molli ist inzwischen über drei Jahre her, seither hat sich der Molli einschneidend verändert. Bis dato hatte die Bahn ihren Charme in weiten Teilen bewahren können. In der Saison wird Stundentakt mit zwei Umläufen gefahren, was die eingesetzten Maschinen wie auch die Menschen hinter den Kulissen durchgehend fordert.
Nicht nur in Prospekten machte der Molli seine bis 2011 vorhandene Atmosphäre zum Faustpfand, indem man auf die vorhandene Infrastruktur mit mechanischer Sicherungstechnik, Telegrafenleitungen und alten Bahnsteig- und Bahnübergangsanlagen hinwies. Zusammen mit den bisher nicht sanierten Ortsdurchfahrten in Kühlungsborn und Bad Doberan war der Molli immer eine Reise Wert.
Zeitgleich mit der nötigen Sanierung der Ortsdurchfahrten in Kühlungsborn und Bad Doberan und weiteren Streckenabschnitten hat sich dieses "heile" Bild jedoch einschneidend gewandelt. Während quasi "nebenan" auf Rügen beim Rasenden Roland die Telegrafenleitungen nach der Sanierung – bei dem die klassische Kleinbahnbettung in Kies durch S49-Oberbau mit Schotterbettung ersetzt wurde – auf gesamter Länge wieder aufgebaut wurde, wurde die Telegrafenleitung beim Molli auf gesamter Länge demontiert und alle Masten – auch die gut erhaltenen – gefällt.
Die mechanische Schrankenanlage in Kühlungsborn Ost wurde durch moderne Bü-Halbschrankenanlagen ersetzt. Das seit 1995 außer Betrieb befindliche, aber weiter baulich vorhandene Einfahrsignal in Kühlungsborn West wurde abgebaut. Hier ist aktuell der Signalfuß weiter vorhanden und ggf. ein Wiederaufbau möglich. Dass die Ortsdurchfahrt Kühlungsborn zur Sanierung anstand war unübersehbar – 99 2321 fährt in den sanierten Hp Kühlungsborn Mitte ein.

Kühlungsborn Mitte

Vor nicht ganz 20 Jahren, sechs Jahre nach der Wende, sah es in Kühlungsborn Mitte noch etwas anders aus. Die Querung der L11 in Kühlungsborn war technisch ungesichert – die Loks wie die eigentliche 99 2323 hörten auf die "Importnummern" nach dem Nummernsystem der Deutschen Bundesbahn von 1968, welches 1991 nur in Details auf die Fahrzeuge der Deutschen Reichsbahn angepasst wurde. Bürgersteig, Wartehalle und Umfeld strahlten noch altes Flair aus – nur der neue Wegweiser und der rege Autoverkehr zeugten von den neuen Zeiten.
Nun kann man sicher trefflich streiten, ob dieser Anlagenzustand auch 20 Jahre später (mit dem entsprechenden Verschleiß) noch die nötigen Besucherzahlen generieren täte oder auf den Touristen – der das Geld bringt – die aktuellen Anlagen nicht doch attraktiver wirken und somit entsprechende Außenwirkung abseits einer klassischen Museumsbahn erzielt wird.

Kühlungsborn Mitte

Nicht geändert hat sich der zwischenmenschliche Plausch. Die Zugbegleiterin hält einen kurzen Plausch mit einem Ortsansässigen, ehe sie dem ersten Zug des Tages bei augenscheinlich noch niedrigen Temperaturen den Abfahrtsauftrag gibt.

Heiligendamm

Eine heute praktisch ausgestorbene Bauform eines Formsignalflügels wurde bereits weit vor der Modernisierung des Mollis in Heiligendamm angebracht. In den Frühzeiten der Formsignale machte man sich bei der Bahn Gedanken um die Kontraste bei der Wahrnehmung der Tageslichtsignale. Bei dunklem Hintergrund wie Baumgruppen etc. wurde der übliche weiße Signalflügel mit rotem Rand als nicht kontrastreich genug angesehen und die Farbflächen der Signalflügel wurden vor entsprechend dunklen Hintergründen kurzerhand umgedreht und die Signalkanten erhielten weiße Flächen (Negativflügel).
Im Zuge der Traditionspflege wurde der Signalflügel des Signals A des Bf Heiligendamm entsprechend ausgetauscht. Bei noch engem Sonneneinfall verlässt 99 2321 den Bf Heiligendamm.

Goethestraße

Deutlich gewandelt hat sich seit 2011 die Goethestraße in Bad Doberan. Sie ist hell geworden, die dichten Baumreihen konnten bei der dringend fälligen Sanierung nicht erhalten werden. Die Stadt war sich jedoch der Bedeutung der Goethestraße bewusst und hat die Straße mit Granitsteinen neu gestaltet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen – es wird aber fraglos viele Jahrzehnte dauern, bis die Bäume in der Goethestraße wieder die alte Größe erreicht haben.

Kühlungsborn West

Der Einsatzbestand des Molli bestand lange Jahre aus fünf Lokomotiven – drei 1932 bei Orenstein & Koppel nach Einheitsgrundsätzen beschaffte Lokomotiven der Bauart 9932 und zwei Lokomotiven der Bauart 9933 (Typ 225 PS Schmalspur), welche vom VEB Lokomotivbau Karl Marx 1950-52 in 21 Exemplaren u.a. für die SDAG Wismut gebaut wurden. Drei Loks wurden 1959 von der Deutschen Reichsbahn erworben, eine davon aber bereits 1968 ausgemustert. 1996 wurde nach der 1968 ausgemusterten und verschrotteten 99 333 auch die 99 332 abgestellt, da diese aufgrund der abweichenden Bauart nicht die beim Molli üblichen 40-50 km/h erreichte. Nur die 99 331 verblieb fortan als Reservelok, Schneepfluglok und für Wintereinsätze beim Molli betriebsfähig. Da die drei Lokomotiven der Bauart 9932 aufgrund des Stundentaktes in der Saison sehr strapaziert wurden, bestand beim Molli der dringende Wunsch nach einer Entlastung der drei Loks. Dieser Ersatz versteckt sich aktuell gerade hinter einer Dampfwolke im Bf Kühlungsborn West.

Kühlungsborn West

Die 1996 abgestellte 99 332 wird in den Sommermonaten im Bf Kühlungsborn vor dem Molli-Museum ausgestellt, welches vom "Verein zur Traditionspflege Molli e. V." betreut wird – der Verein kümmert sich u.a. auch um die Pflege der 99 332 und weiterer Traditionswagen.
Links die 99 2324. Diese Lok entstand in den Jahren 2007-2009 als vollständiger Neubau nach Originalplänen im Dampflokwerk Meiningen. Dank der in den Jahren zuvor schrittweise bereits erfolgten Sanierung der drei Bestandslokomotiven mit neuen Zylindern,
Kesseln und Rahmen war der Neubau vergleichsweise einfach möglich, da die Grundlagen zur Fertigung der Hauptkomponenten bereits vorhanden waren. Dennoch ist die 99 2324 von der ersten bis zur letzten Schraube ein vollständiger Neubau.

Kühlungsborn West

Bemerkenswert ist der Neubau der 99 2324, da in den 1990er Jahren sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz Versuche mit modernen Dampflokomotiven durchgeführt wurden, welche zur Grundlage eine Rationalisierung und einen möglichst guten Wirkungsgrad hatten und mit Leichtölfeuerung und Einmannbedienung konzipiert wurden. Bei den dampfbetriebenen ostdeutschen Schmalspurbahnen wurde nach der Wende mit Triebwagen geliebäugelt, welche sich aber nur im Harz etablieren konnten. In Sachsen, dem Motor der Triebwagenidee, konnten sie sich nicht durchsetzen und spätestens mit der Flut 2002 endeten alle Triebwagenambititionen in Sachsen.
Dass im Jahre 2009 eine 1:1 nach alten Plänen
gebaute Dampflok als Neubau für den Alltagsbetrieb wieder in Dienst gestellt werden würde, ahnte 50 Jahre zuvor 1959 beim Auslauf des Dampflokbaus in Deutschland sicher keiner.

Kühlungsborn West

Hinter alten, knorrigen Bäumen fährt 99 2324 aus dem Bahnhof Kühlungsborn West aus.

Kühlungsborn West

Im August 1993 sah die Ausfahrt aus dem Bahnhof Kühlungsborn West an der Fritz-Reuter-Straße noch deutlich anders aus, die Bäume entlang der Straße waren nicht so konsequent zurückgeschnitten wie sie heute sind. Auch das Einfahrsignal A des Bahnhofs erfüllte noch seine Funktion und die 99 2322 hörte auf den Namen 099 902.

Heiligendamm

Eine Stunde nach dem Foto von 99 2321 an dieser Stelle steht die Sonne bereits deutlich höher am Himmel und lässt dieses Foto der Einfahrt Heiligendamm zu. Die Dampffahne von 99 2324 reicht etwas höher als erwartet – bei den ständigen Blicken nach vorne und hinten, ob nicht doch ein Auto das Motiv droht zuzufahren geriet dieses Detail doch leicht aus den Augen. 2001 beim letzten Foto an dieser Stelle noch mit einem der sonst üblichen Signalflügel schob sich ein Reisebus in das Motiv. Durch den Bau einer Umfahrung von Heiligendamm hat hier der Durchgangsverkehr merklich abgenommen.

Goethestraße

Diesen Blick hat man zuletzt in der Goethestraße in Bad Doberan nicht mehr gehabt. Dafür gab es jede Menge großer Schattenspender. Die Gestaltung der Goethestraße kann sich sehen lassen, von daher dürften heute maximal die geduldig hinter dem Dampfzug anstehenden Autofahrer fluchen, als dieser den Hp Goethestraße erreicht.

Goethestraße

Hier habe ich aktuell keinen Vergleich zur Motivlage vor der Sanierung. Gestalterisch ist diese Anlage sicher ein Kleinod, dennoch vermisst der Mollikenner hier das einstige Flair des Mollis. Fast klinisch rein fährt 99 2324 die letzten Meter zum Bahnhof von Bad Doberan.

Kühlungsborn Ost

Den Wandel des Molli und der Region zeigt auch dieses Foto anschaulich. Nahe des Bahnhofs Kühlungsborn Ost sind in den vergangenen Jahren Resorts errichtet worden, welche den Charakter des Ortes nachhaltig verändert haben. Bereits zuvor hat sich Heiligendamm der neuen, gehobenen Zielgruppe zugewendet. Ganz klassisch und voll in die Tourismusmaschinerie integriert verlässt 99 2321 Kühlungsborn. Wer will da schon über die gefallenen Telegrafenmaste klagen... Ganz im Hintergrund rechts lässt sich ein kleiner Blick auf die Ostsee erhaschen.

Mollistraße

Inzwischen zur Fußgängerzone deklariert ist die Mollistraße in Bad Doberan. Nach der Wende war dieses noch eine Einbahnstraße, wo der Autofahrer im Falle des Falles schnell schauen musste, wo er bleibt, wenn ihm in der Einbahnstraße plötzlich der Molli entgegenkommt.

Mollistraße

Vom Blickwinkel am anderen Ende des Fotopunktes oben entstand im März 1991 dieses Foto: Gerade erst die ersten Anzeichen der neuen Zeit sind hier in der Goethestraße zu sehen, durch die – hier in Richtung der Einbahnstraße – die 99 2322 mit ihrem Zug gen Kühlungsborn rollt.

Goethestraße

Das Haus vorne links und die Backsteinmauer waren zuletzt völlig eingewachsen und kaum mehr zu erkennen. Völlig frei und freundlich zeigt sich nun der aktuelle Blick entlang der Goethestraße, durch die die 99 2324 mit ihrer Beschilderung nach frisch angebrachter Art der Deutschen Reichsbahn aus den 1980er Jahren rollt. Die neu eingerichteten Parkplätze, welche nun neu in Parkbuchten liegen, sind kostenpflichtig und so hält sich die Nutzung kurz vor Beginn der eigentlichen Saison noch sehr in Grenzen.

Steilküste

Nahe an der Ostseeküste verläuft der Molli östlich Kühlungsborns, wo der von 99 2321 gezogene Zug ohne Halt den Hp Steilküste durcheilt, welcher im direkten Einzugsbereich als Campingplatz und Wohnmobilstellplatz genutzt wird.

Dammchaussee

Charakteristisch für Mecklenburg sind die Alleen mit ihren gewachsenen Bäumen. Nach der Wende schnellten die Unfallzahlen in diesen Bereichen in die Höhe und der Fortbestand der Allen war in Frage gestellt. Zahlreiche Alleen haben mit verkehrssichernden Maßnahmen überleben können, dennoch ist ihr voller Erhalt auch heute nicht selbstverständlich. So warnt so manches Verkehrsschild auch heute eindringlich vor den Gefahren des leichtsinnigen Alltags. 99 2321 erreicht entlang ausgedehnter Rapsfelder Bad Doberan.

Kühlungsborn

Die Zeit bleibt nirgendwo stehen, schon gar nicht im Jahre 1989. Auf alten Fotos ist dieses heute von Wildkräutern belebte Feld Ackerfläche, wie bereits zahlreiche heute von Haus- und Wohnungsbau genutzte Flächen. So ist auch diese einst vom Ackerbau genutzte Fläche nicht ohne Grund Wildkrautwiese. Ein Bauschild weist die Fläche als Bauland aus. Und so verschwindet eine weitere Fläche entlang des Molli zugunsten oft exklusivem Siedlungbaus.

Dammchaussee

Vor 20 Jahren erwanderte ich den Molli mühsam entlang der Gleise und suchte mir die passenden Motive. Heute ist entlang der Strecke Heiligendamm – Bad Doberan auf weiten Strecken ein Randwanderweg parallel der Bahn angelegt – immerhin nicht auf der Bahn, wie so oft anderenorts und aktuell im Yppstal. 2011 konnten die Telegrafenleitungen des Mollis noch als Motivbestandteil genutzt werden, heute sucht man sie vergebens. Dafür sind die restaurierten Kilometersteine mittels massiver Kunststoffrohre neu im Untergrund verankert worden.

Dammchaussee

Auch wenn die Modernisierung des Mollis viel Flair gekostet hat, so ist hier und dort noch ein schönes Motiv zu finden. Westlich Bad Doberan entlang der Dammchaussee am Jagddammweg passiert 99 2324 einen alten Baum und lässt für kurze Zeit die Zeit vergessen.

Dammchaussee

Mit dem letzten Zug des Tages nach Bad Doberan passiert zwischen Heiligendamm und Bad Doberan an einem zugunsten eines neuen Kreisverkehrs stillgelegten Wegübergang die 99 2324 den Fotografen. Die Sonne schwächelt bei dichter werdender Schleierbewölkung und nach Durchfahrt war sie ganz verschwunden. Damit endet die kleine Fotoreise entlang des Mollis.

Diesen Beitrag des Fototagebuchs widme ich unserer Mutter, welche unerwartet vor dieser Fototour verstarb und von deren Tod wir unmittelbar nach dieser Fototour erfuhren. Unsere Mutter war ein begeisterter Leser des Fototagebuches und wenige Tage vor ihrem Tod haben wir über die Website gesprochen und dass ich doch unmöglich alle die auf den Tagebuchseiten zu findenden Infos auswendig wissen kann. Dieses ist natürlich so – neben den persönlichen Erinnerungen nutze ich für viele Recherchen das kollektive Wissen des Webs.
Das Web – so wie es auch über 20 Jahre nach allmählicher Durchdringung des Alltags noch überwiegend ist – bietet unheimlich viele Seiten zur Informationsbeschaffung und -referenzierung, auch diese Seiten sind ein kleines Mosaikbausteinchen in diesem Medium. Alle Fotos entstanden am 3. Mai 2014.

Fotos in Google Earth © 2014 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben