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10. Februar – Torfbahn Himmelmoor bei Tag und Nacht
26. Februar – Drehstromdino mit neuem Leben
29. Februar – Rheinisches an der Norderelbe








Sonnabend, 10. Februar 2024 – Torfbahn Himmelmoor bei Tag und Nacht

Torfbahn

Vor ziemlich genau einem Jahr war der erste Besuch im Himmelmoor, der schon 2018 geplante Besuch bei noch aktivem Torfabbau fiel leider krankheitsbedingt aus. Die Nachfolge des Abbaubetriebs hat die 2015 gegründete Arbeitsgemeinschaft Torfbahn Himmelmoor e.V. angetreten – der Verein wurde 2015 zunächst für die Fortführung des Besucherbetriebs gegründet, nach Aufgabe des Torfabbaus Ende August 2018 hat der Verein die Torfbahn vollständig übernommen und nutzt sie heute neben dem Saison-Besucherbetrieb für die Arbeiten zur Renaturierung des Himmelmoors. Außerhalb der Schutzzeiten des Naturschutzgebiets ist die Torfbahn zu diesem Zweck praktisch täglich in Betrieb.
Dann allerdings statt mit Loren für den Torfabbau mit Arbeitsloren wie Flachloren oder Kipploren für den Transport von Arbeitsmaschinen oder geschlagenem Holz, vornehmlich der rasant wachsenden Birken.

Torfbahn

Weit vor dem Ende des Torfabbaus wurden im Himmelmoor Torfabbaugebiete nach deren Ausbeutung aufgegeben und der Natur überlassen. Bereits vor über 30 Jahren wurde die im Foto zu sehende Strecke aufgegeben, die Reste der Gleisbrücken dieser Schleife sind bis heute erhalten, ebenso Teile der Strecke im Moor.

Torfbahn

Die Urbarmachung des Himmelmoores begann um 1780. Die Ränder des Moores wurden in 1.000 bis 5.000 Quadratmeter große Parzellen aufgeteilt und an Bauern der benachbarten Dörfer Bilsen, Borstel-Hohenraden, Hemdingen, Quickborn und Renzel zum Torfabbau übertragen. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts begann der industrielle Torfabbau unter Zuhilfenahme von Maschinen im Zentrum des Moores.
Um das Jahr 1900 entstand das Torfwerk Quickborn, nachdem der Unternehmer Karl Kühl weite Flächen des 700 Hektar großen Himmelmoores vom Fiskus gekauft und den Weißtorfabbau begonnen hatte. Der Torf des Himmelmoors wurde von der Torfbahn zwischen 1912 und 1973 zum Bahnhof Quickborn gefahren
.
Ein paar Informationen zur das „Blaue Krokodil“ genannten Feldbahnlok: Diese Doppellok wurde aus zwei Gmeinder-Lokrahmen gebaut. Die Gmeinder 1982 wurde 1937 neu an das Torfwerk im Himmelmoor geliefert. Diese Lok war damals ausschließlich auf der Strecke außerhalb des Moores in Richtung Bahnhof im Einsatz.
Die zweite Lok kam in den 1950er Jahren gebraucht in das Himmelmoor. Als die Feldbahnstrecke außerhalb des Moores im Jahr 1973 abgebaut wurde, hatten diese Loks aufgrund ihres hohen Gewichtes kaum Einsatzmöglichkeiten im direkten Moorbereich und die Loks standen über 20 Jahre abgestellt auf dem Betriebshof.
Um das Jahr 1996 nahm der damalige Betriebsleiter Klaus Czerwonka die Rahmen beider Lokomotiven als Grundlage für einen Neubau. Es wurde aus beiden Rahmen eine vierachsige Doppellok konstruiert und im Jahr 1997 fertiggestellt. Im vorderen Teil befindet sich ein luftgekühlter Deutz-Motor mit einem Hydrostaten und ein Hydraulikmotor. Im hinteren Teil befindet sich der Führerstand und ein weiterer Hydraulikmotor. Grund für die vierachsige neue Traktionsart war die Umstellung von Sodentorf auf Frästorf.
Der Frästorf hatte deutlich weniger Luftlücken in der Lore. Das Gesamtgewicht war somit um einiges höher. Die Lok wurde bis zur Betriebseinstellung des Torfwerkes im Jahr 2018 vor Torfzügen eingesetzt. Auch wurden die damals durch das Betriebsleiterehepaar durchgeführten Rundfahrten mit der Lok durchgeführt. Der Führerstand wurde ganz nach den Bedürfnissen der Ehefrau konstruiert.


Torfbahn

1920 wurde die Gewerkschaft Hausbach III gegründet, deren Besitzer 1932 Carl Hornung wurde – seinerzeit wurde eine unbefristete Abbaugenehmigung erteilt, welche erst durch das 1993 verabschiedete neue Landesnaturschutzgesetz beendet wurde – welches vorsieht, auch unbefristete Genehmigungen spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes auslaufen zu lassen.
Die Fabrik am Bahnhof Quickborn brannte 1952 nieder und wurde durch eine moderne Torfbrikett-Fabrik ersetzt, die 1973 nach dem Neubau des Torfwerks im Himmelmoor stillgelegt wurde. Die Feldbahnstrecke zwischen dem Himmelmoor und dem Bahnhof Quickborn wurde zeitgleich stillgelegt und abgebaut.


Torfbahn

In diesem Bau von 1890 wohnte einst der Inhaber des Torfwerks XXX, lange Jahre diente es auch als Waagehaus. Das Waagehaus diente als Wiegestation des abgetragenen Torfes, bevor er weiter über Loren zum Quickborner AKE-Bahnhof transportiert und dort auf Züge umgeladen wurde. Heute betreut das Gebäude der Verein Freunde des Waagehauses e.V., das Konzept des Vereins künftig sieht vor hier u.a. Ausstellungsräume zum Thema Moor einzurichten.

Torfbahn

Links die Umzäunung der bis in die 80er Jahre der 20. Jahrhunderts genutzten Halden für die Lagerung des abgebauten Torfs. Das auf dem Foto zu sehende Gleis wurde 2023 als eine der letzten Maßnahmen zum Wiederaufbau früherer Gleisanlagen verlegt und in Betrieb genommen, damit ist der mit den Naturschutzbehörden abgestimmte Endausbau der Gleisanlagen des Himmelmoors außerhalb des Betriebshofs erreicht.

Torfbahn

Teilbereiche des Himmelmoors dürfen von Besuchern betreten werden, Hunde sind dabei stets an der Leine zu führen und Wege dürfen nicht verlassen werden. Zudem gilt u.a. ein absolutes Rauchverbot – Torf wurde über Jahrhunderte als Brennmaterial genutzt und entwickelt diese Eigenschaften auch im nicht abgebauten Zustand, was im Falle des Falles zu schwer zu beherrschenden Moorbränden führt.

Torfbahn

Die frühere Torfbahn dient heute ganz praktischen Zwecken, die auch ganz klein sein können – Transport von Holzscheiten.

Torfbahn

Seit 1915 wurden im Torfwerk Strafgefangene eingesetzt, während der beiden Weltkriege auch Kriegsgefangene oder jüdische Mitbürger, bis zu 500 russische Kriegsgefangene waren zweitweise im Himmelmoor interniert.
Erst seit den 1990er Jahren wurden keine Strafgefangenen mehr im Torfwerk eingesetzt. Im Hintergrund das noch bis 1990 als Gefängnis genutzte Gebäude, welches danach lange Jahre vom Leiter des Torfwerks, Klaus-Dieter Czerwonka, bewohnt wurde.
Der Feldbahnzug durchfährt das frühere Zauntor, welches einst die jüdischen Gefangenen von den übrigen Gefangenen abtrennte. Nach dem 2. Weltkrieg wuchs die Fläche rund um den Zaun zu und wurde erst im vergangenen Jahr wieder freigelegt und die Feldbahnanlage durch das nun immer offene Tor geführt.


Torfbahn

Die heute im Himmelmoor „Gärt“ genannte Feldbahnlok ist ein Eigenbau von 1956. Das Bauunternehmen Rudolf Seeland KG ließ bei Hatlapa die nötigen Antriebsteile bauen und baute die Teile auf einen bis dato antriebslosen Feldbahnrahmen.
Im Jahr 1972 wurde die Feldbahnlok über einen Zwischenhändler an den Werner Mint & Dieter Mint Gartenbaubetrieb abgegeben, welcher die Lok bis 2021 nutzte – ehe
in den Hamburger Vier- und Marschlanden der letze kommerzielle Hamburger Feldbahnbetrieb endete.

Torfbahn

Die Diema DS12 mit der Baunummer 1250 wurde 1946 gebaut, hat zahlreiche Stationen hinter sich und gehört heute zum Vereinseigentum der Torfbahn. Hier bespannt sie einen typischen Torfabbauzug des Himmelmoors.

Torfbahn

Gärt und DS12 treffen am Mitteldamm aufeinander, kurze Familienbesprechung bevor es angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit weitergeht.

Torfbahn

Den Himmelmoorzug noch kurz auf der Moorrandtrasse West drapiert, sich bei dieser Gelegenheit über ein hier im September 2022 halb im Moor versunkendes Privatauto unterhalten – welches rechts im Bild auf der Suche der Insassen nach einer schönen Ecke für das Date dank einer für Autos nicht geeigneten Navigationssoftware weitab jeder für den Autoverkehr zugelassener Wege völlig jeden Halt verlor und aufwendig geborgen werden musste. Auch hier leistete die Torfbahn gute und nötige Dienste.

Torfbahn

Betrieb am Mitteldamm.

Torfbahn

Entlang des Süddamms.

Torfbahn

Das Himmelmoor ist seit 2023 offzielles Naturschutzgebiet mit entsprechenden Auflagen. Im befahrenen Bereich des Westdamms markiert die Benjeshecke einen Bereich der nur außerhalb der Schutzzeiten betreten werden darf. Andere Bereiche des Himmelmoors dürfen bereits heute ganzjährig nicht mehr betreten, maximal durchfahren werden. Die Aktiven des Vereins bringen sich in diesem Zusammenhang auch aktiv in den Naturschutz ein, indem sie u.a. Rangeraufgaben wahrnehmen.

Torfbahn

Moorlandschaft entlang der Moorrandtrasse West.

Torfbahn

Recht spontan entstand am Abend noch die Idee, den Betriebsmittelpunkt der Torfbahn mit etwas Licht in Szene zu setzen. Die Werkstatt der Torfbahn nutzt seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts  eine klassische Nissenhütte der Nachkriegszeit, wie sie damals auch der Bevölkerung Deutschlands als Behelfsunterkunft dienten. Heute existieren von den Nissenhütten nur noch wenige, die Nissenhütte im Himmelmoor ist weitgehend original erhalten und hat jüngst Fördermittel zur denkmalgerechten Sanierung erhalten.

Torfbahn

Die Szenerie zusammen mit der Diema NS12 und einem torfbahnuntypischen Arbeitszug.

Torfbahn

Jüdische Mitbürger wurden ab 1942 im Himmelmoor eingesetzt. Die Juden wurden im Erweiterungsbau von 1936 untergebracht, welcher im Hintergrund zu sehen ist. Er eignete sich aufgrund seiner Lage gut, die Insassen von allen anderen Gefangenen zu isolieren – das Gebäude war von Stacheldraht umzäunt, das Gelände ausgeleuchtet und schwer bewacht. Etwa 50 Juden lebten unter erbärmlichen Verhältnissen bis zum Kriegsende im Haus. Seit dem 22. März 2022 ist das Gebäude Gedenkstätte „Henri-Goldstein-Haus“.

Torfbahn

Die Diema NS12 steht vor der Werkstatt und dem einstigen Verwaltungsgebäude des Arbeitslagers.  

Torfbahn

Das Blaue Krokodil vor dem Bau in Szene gesetzt, der einst die russischen Kriegsgefangenen beherbergte. Das damals stets geschlossene Tor ist heute stets offen.

Torfbahn

Nochmals die Diema NS12 vor der Nissenhütte. Im Vordergrund ein einfacher Arbeitsplatz für die Mechaniker. Feldbahn ist eben etwas anders …

Fotos in Google Earth © 2024 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben