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4. Mai – Eurodual im Raps vor Lübecks Silhouette
21. Mai – Zement aus Berlin mit Nordliner-181
5. Mai – Mit der 99 5906 von Nordhausen nach Wernigerode 22. Mai – Rote Pekingente mit Tauschware unterwegs
6. Mai – Frühling und Krimis im Harz 27. Mai – Eurodual mit Holz aus dem Wald
7. Mai – Mit der 99 5906 von Wernigerode nach Gernrode 29. Mai – Ein einmaliges Stelldichein
8. Mai – Der Wolkenkrimi geht weiter
9. Mai – Klare Luft im Harz zum Abschluss
13. Mai – Vorletzter Plandienst für 99 5906
14. Mai – Letzter Plandienst für 99 5906
15. Mai – Strahlender Sonnenschein über Halberstadt
17. Mai – Pekingente in gelb

Donnerstag, 5. Mai 2022 – Mit der 99 5906 von Nordhausen nach Wernigerode

99 5906

Im Harz verkehren Schmalspurbahnen seit dem Jahr 1896, 1897 wurden die ersten Dampfloks der Bauart Mallet ausgeliefert. Praktisch die gesamte Geschichte der Schmalspurbahnen im Harz  – zunächst bei der Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft (NWE) und ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts unter der Regie der Deutschen Reichsbahn bei der Selketalbahn – ist bisher eng mit den Lokomotiven verbunden. Das das Netz heute betreibende Unternehmen Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) wirbt aktiv mit der markanten Silhouette der Malletloks.
Nun wird es kommende Woche nach über 120 Jahren das erste Mal sein, dass
bei den Schmalspurbahnen im Harz auf längere Sicht keine Malletlok mehr im Einsatzbestand stehen wird. Die HSB würdigt den bevorstehenden Abschied der 99 5906 mit mehreren Fahrten – die letzte davon wird am 15. Mai in Hasselfelde enden und die Lok direkt in den dortigen Schuppen einziehen.
Heute war die erste Fahrt dieser Reihe, die Fahrt begann eindrucksvoll mit einer Ausfahrt aus dem Bf Nordhausen Nord, welcher als letzter Bahnhof im Netz der HSB noch über Formsignale verfügt.

99 5906

Bis 2019 fuhren in der Regel die beiden 1897 gebauten Loks 99 5901 und 5902 den Traditionszug zum Brocken, die 1918 ursprünglich für die deutschen Heeresfeldbahnen gebaute 99 5906 war seit 2016 Reserve für Sondereinsatze, nachdem sie lange Jahre zuvor meist den zweiten Dampfumlauf im Selketal gefahren hatte.
Nun ist die finanzielle Lage im Harz seit vielen Jahren wenig rosig, die Zuschüsse für den Dampfbetrieb waren lange auf dem Stand von 1992 gedeckelt und die HSB mussten die Kostensteigerungen aus eigener Kraft erwirtschaften. Ging dieses über rund 20 Jahre weitgehend ohne nach Außen sichtbare Folgen, ist diese Entwicklung seit 2013 für den Außenstehenden nicht mehr zu übersehen. 99 5906 passiert auf ihrer Abschiedstournee die Kalkfelsen bei Niedersachswerfen.

99 5906

Viele Personale gingen aufgrund der recht niedrigen Löhne zu Wettbewerbern, die mehr zahlen können, so dass sich Zugausfälle seit 2016 häuften, zahlreiche Fahrzeuge für den Sonderverkehr gingen mit Fristablauf aus dem Betrieb und selbst der Bestand für den täglichen Auslauf wurde zusammengestrichen. Für Sondereinsätze sind in der Saison praktisch keine Loks mehr vorhanden und eine Diesellok der BR 199.8 ist fest im Betrieb eingeplant. Für die öfter notwendigen Ersatzleistungen hat inzwischen eine zweite Diesellok wieder einen Heizkessel erhalten – die drei letzten Loks der BR 199.8 unterhielt die HSB eigentlich nur noch für den bis 2015 noch betriebenen Schotterverkehr nach Nordhausen und für Rangierdienste. Alle anderen Loks wurden an Adtranz verkauft bzw. sind seit den 1990er Jahren abgestellt.
Hier steht 99 5906 mit ihrem Sonderzug im Bf Eisfelder Talmühle. Hier gehörte die 99 5906 bis in die 50er Jahre, zwischen 1984 bis 1989 und wieder ab 2002 zu den Stammgästen. Ist heute so manches Bahnhofsgebäude entlang des HSB-Streckennetzes nur noch ein Schatten seinerselbst, so konnte zu Beginn der 2000er Jahre das Bahnhofsgebäude des einsam gelegenen Bahnhofs Eisfelder Talmühle als Gaststätte und Pension wieder einer Nutzung zugeführt werden.

99 5906

Nachdem die 99 5901 und 5902 bereits seit geraumer Zeit defekt abgestellt sind und auf eine (bisher nicht genehmigte) Hauptuntersuchung warten, trifft es kommende Woche die letzte noch betriebsfähige Malletlok der HSB. Die Lok war zu Beginn der 1990er Jahre zentraler Punkt eines Streits zwischen DR, dem DEV und den Landkreis Wernigerode, welcher mittels einer Einstweiligen Verfügung den Abtransport der von der DR an den DEV verkauften 99 5906 aufgrund des Denkmalschutzes der Schmalspurbahnen im Harz untersagte.
Die HSB arbeitete die Lok bis 2002 wieder betriebsfähig auf und setzte die Lok fortan zusammen mit 99 6001 im Selketal ein, welches damit wieder praktisch ausschließlich von langjährigen Selketalmaschinen bedient wurde.
Hier steht die Lok wie scheinbar alltäglich im Bf Eisfelder Talmühle zur Fahrt nach Gernrode bereit – der neue Bahnsteig wurde zu Beginn des Jahres 2011 gebaut. Allerdings stand die Lok bei ihren Planeinsätzen seit 2010 stets tendervoraus im Bf Eisfelder Talmühle, da der Zug in Stiege durch die bis 1984 für den Güterverkehr gebauten Wendeschleife fuhr und so das Umsetzen der Lok gespart werden konnte.

187 017

Seit den 1990er Jahren Alltag im Harz. Die HSB reduzierte den täglichen Dampflokauslauf nach Betriebsübernahme drastisch, ihr Ziel war ein durchgehender Dampfbetrieb zum Brocken und auf den weiteren Zweigen des Netzes täglich mindestens einen Dampfzug fahren zu lassen. Dieses klappt in der Regel bis heute. Kamen zunächst noch die Loks der 199.8 auf den künftig als Triebwagenleistungen geplanten Fahrten zum Einsatz, übernahmen nach und nach neu- oder umgebaute Triebwagen die anderen Verkehre.
Der
(als Teil des SPNV-Angebots Nordhausen – Ilfeld) nach Nordhausen ausfahrende 187 017 wurde 1999 als Teil einer vier Triebwagen umfassenden Serie im früheren Raw Halberstadt und ab 2002 als VIS Halberstadt firmierenden Werks für die HSB gebaut und baute auf dem im DB-Werk Wittenberge gebauten Prototyp 187 015 auf. Die ursprünglich mitentwickelte 750mm-Variante wurde nie gebaut.

99 5906

Links vom Wasserkran, an dem die 99 5906 Wasser nimmt, stand bis in die Nachkriegszeit ein einständiger Lokschuppen. Dort überstand der GHE T1 als einziges Triebfahrzeug der GHE die Wirren des 2. Weltkriegs.

99 5906

Parallelausfahrten sind bei der HSB täglich planmäßig, aber nicht derart spektakulär wie hier bei 99 5906 zusammen mit 99 7245, der Nordhäuser Stammlok. Derzeit gibt es nur in Alexisbad um 15.04 Uhr planmäßig eine Doppelausfahrt eines Dampfzuges und eines Dieseltriebwagens, welche aber nicht ganz unwesentlich vom Engagement der Triebfahrzeugpersonale abhängt. Die 99 7245 fährt je nach Lokpersonal von Nordhausen mit Kamin voraus, oder Tender voraus. Heute ist die Konstellation perfekt. 99 7245 wie auch 99 5906 befinden sich im Zustand der 1980er Jahre bei der Deutschen Reichsbahn, inklusive der weißen Markierungen für eingeschränkte Profilfreiheit bei Transport auf Regelspurgüterwagen. Effektiv völlig zeitlos fahren die beiden Zügen aus dem Bf Eisfelder Talmühle aus.

99 5906

Nachdem die Sonne die vergangenen Tage fast unentwegt geschienen hat, schwächelt sie im Harzer Raum heute. Entlang des Tiefenbachtals bei Sophienhof liegt völlig abseits dieser Teich. Die Lichtwerte waren grenzwertig, bei Sonne wäre das Licht ohnehin von schräg hinten gekommen. So kann man philosophieren, ob die Wolkenbildung bei diesem Motiv nicht doch von Vorteil war.

99 5906

Die Fotostelle Kälberbruch würde jetzt auch im völligen Gegenlicht liegen. Der durch die Dürrejahre ab 2018 geschwächte Baumbestand im Harz war ein gefundenes Fressen für den Borkenkäfer, welcher sich über die einst gezielt gepflanzten Fichten hermachte und sie großflächtig absterben ließ. So ist auch die ehemalige Holzverladestelle Kälberbruch nun aus völlig neuen Winkeln ablichtbar. Die markante Bude ist zunehmend aber nur noch ein Schatten ihrerselbst und hat nur noch eine begrenzte Lebensdauer.

99 5906

Die älteren Leser des Fototagebuchs werden sich noch gut an die Zeiten bis 1989 erinnern können. Damals wäre hier bei Sorge kein Foto möglich gewesen, die Harzquerbahn fuhr hier direkt an der innerdeutschen Staatsgrenze entlang, eine Annäherung zu Fuß wäre unmöglich gewesen – in den Zügen fuhren stets Mitarbeiter der Staatssicherheit mit, welche die Reisenden im Blick behielten – die Durchfahrt mit den Zügen durch diesen Bereich unterlag trotz aller Nähe zur Staatsgrenze keinen Beschränkungen. Inzwischen ist der einstige Grenzstreifen hinten rechts im Bild zum dichten Wald geworden.
Alle Zeiten überdauert hat ein Brückenwiderlager der 1945 an der innerdeutschen Grenze unterbrochenen Südharz-Eisenbahn, dessen längst ungenutztes Brückenbauwerk zwischen Sorge und Brunnenbachsmühle 1958 bis auf das noch heute erhaltene Widerlager abgebrochen wurde. Das zweite Brückenwiderlager fiel den Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR zum Opfer.

99 5906

Die Kirchstraße in Wernigerode-Hasserode steht als letztes großes Sicherungsprojekt noch im Projektplan der HSB. Die als verkehrsberuhigter Bereich geltene Straße verfügt aktuell über keine technische Sicherung für den Autoverkehr. Alsbald soll diese technische Sicherung nachgeholt werden und damit sich sicherlich auch die markante Form der Kirchstraße nachhaltig verändern. 99 5906 rollt langsam leicht eingeraucht durch die Kirchstraße.

199 874 und 99 222

Die 199 874 ist die aktuell letzte 199.8 der HSB im betriebsfähigen Bestand, die noch keinen Heizkessel wiedererhalten hat und somit nur in den Sommermonaten vor Reisezügen einsetzbar ist. Die klappbaren Pufferbohlen für den aufgegebenen Rollbockverkehr haben die beiden Loks 199 872 und 874 inzwischen verloren. Rechts im Bw Wernigerode die 99 222.

99 222

Die 99 222 ist die letzte erhaltene Lok der 1931 beschafften Reihe 99.22, welche von der BMAG in Berlin gebaut wurden. Die Lokomotiven der Reihe 99.22 sollten preußische Lokomotiven insbesondere im Bereich der Reichsbahndirektion Erfurt, aber auch auf bayerischen, badischen und württembergischen Strecken ersetzen. Gebaut wurden letztlich nur drei Lokomotiven, die auf der in Thüringen gelegenen Schmalspurbahn Eisfeld – Schönbrunn eingesetzt wurden.
Die 99 221 und 223 wurden im 2. Weltkrieg nach Norwegen zur Thamshavnbane verschifft, wo sie bis 1953 nach der vollen Wiederaufnahme des elektrischen Betriebes verschrottet wurden. Auf Basis des Einheitslokentwurfs wurden ab 1954 die Neubaulokomotiven der Baureihe 99.23 beim LKM in Babelsberg gebaut, die rechts im Bild stehen und bis heute die Basis des Dampfbetriebs im Harz stellen.


Fotos in Google Earth © 2022 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben